Viele Kinder wachsen ohne Vater auf, Tendenz steigend.
Fast ist die Abwesenheit des männlichen Parts in der Erziehung eine Normalität. Dabei gehört er zu einer intakten Familie dazu, um den Nachwuchs zu schützen, zu bestärken und seine Entwicklung zu fördern.
Ein Kind ohne Vater leidet. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Nicht nur, dass es mich in Angst und Schrecken versetzt hatte, wenn er unter Alkoholeinfluss Gewalt in die Familie brachte und sie damit auseinanderriss wie einen Vertrag, der seine Gültigkeit verloren hat. Nein, es fehlte all die Jahre meiner Kindheit der liebevolle Umgang zu einer männlichen Bezugsperson, die mich hätte für das Leben stärken sollen. Unsicherheit, Konzentrationsschwäche und Rückzug aus Scham sorgten schlussendlich dafür, dass ich den Anschluss verlor.
Die Rolle eines Vaters ist nicht zu unterschätzen!
Wofür braucht es Väter?
Ein Kinderherz kann brechen, wenn die Eltern sich entzweien. In den meisten Fällen wachsen die Kinder dann bei der Mutter auf. Eine große Leistung, die sie dann allein vollbringen muss. Wenn der Vater verantwortungsvoll ist, wird er sich nicht gänzlich aus seiner Verpflichtung zurückziehen und die Familie weiterhin unterstützen. Doch in vielen Fällen ist es bedauerlicherweise nicht so.
Dabei erfüllt der Papa wichtige Funktionen für die Entwicklung seiner Sprösslinge. So hat man in verschiedenen Studien festgestellt, dass Kinder engagierter Väter über mehr Selbstbewusstsein und Intelligenz* verfügen als jene, die ohne aufwachsen müssen. Zudem finden Söhne in ihren Vätern eine Identifikationsfigur, während sie bei Töchtern das Männerbild prägen.
Mit Eintritt der Pubertät ist eine präsente Vaterfigur nochmal besonders wichtig. Denn jetzt werden die Weichen gestellt, um in die Welt hineinzuwachsen, seine berufliche Orientierung zu finden, aber auch, um eine starke Persönlichkeit zu entfalten.**
Doch was, wenn der Vater fehlt?
Welche Folgen hat die Vaterentbehrung?
Ohne Vater aufwachsen zu müssen, belastet Kinder sehr stark. Wie auf einem Stuhl, dem ein Bein fehlt, gerät ihr Selbstwert ins Kippeln, sie verlieren schneller den Halt. Das führt dazu, dass sie sich selbst nichts mehr zutrauen, sie sich zurückziehen und die schulischen Leistungen absacken. Wobei Jungen ihre wachsenden Aggressionen mehr nach außen abladen in Form von Gewaltausbrüchen. Mädchen hingegen richten sie eher nach innen gegen sich selbst, wodurch sich häufig psychosomatische Erkrankungen ausbilden.
Ein verlassenes Kind fühlt sich verletzt und wertlos. Dieser innere Kampf, um irgendwie damit zurechtzukommen und die eigenen traurigen Gefühle vor anderen zu verbergen, raubt enorm viel Energie, die der junge Mensch für eine gesunde Entwicklung bräuchte.
Zwar gibt es auch Kinder, die innerlich so stark sind, dass sie nicht unter der Vaterentbehrung leiden. Trotzdem ist es wichtig, es dem Nachwuchs im Falle einer Trennung so leicht wie möglich zu machen, damit sie keinen Schaden erleiden, der meist Jahrzehnte ins Erwachsenenalter reicht.
Umgang mit dem Vaterverlust
Was können Mütter tun?
Trotz Verletzungen, die manchmal mit einer Trennung einhergehen, solltest du als Mutter dich davor hüten, den Vater vor dem Nachwuchs schlecht dastehen zu lassen. Das Kind leidet sowieso genug unter der Aufspaltung seines Zuhauses. Dieser Zwiespalt darf nicht noch gefördert werden.
Wie wir oben gesehen haben, ist der männliche Anteil in der Erziehung wichtig für die gesunde Entwicklung. Darum sollte der Vater auch weiterhin seiner Sorgepflicht nachkommen dürfen, indem das Kind zum Beispiel an zwei Wochenenden im Monat bei ihm lebt.
Natürlich hängt das oft auch von den Umständen ab. Ich wollte nach all dem Schrecken, den mein Vater in der Familie verursacht hatte, keinen Kontakt, weil ich ihn fürchtete. Aber wenn Beziehungen – was nun mal vorkommt – auseinander gehen, weil die beiden Partner nicht mehr glücklich miteinander sind und keinen anderen Weg mehr sehen, als sich zu trennen, dann sollte dem Kind zuliebe eine vernünftige Lösung besprochen werden.
Abgesehen davon ist es wichtig, dass der Nachwuchs die Trennung verarbeitet, um keinen Schaden davon zu tragen. Sprich deshalb offen mit deinem Kind über die Situation. Wenn dir das schwerfällt, such dir Hilfe bei einem Verwandten, einem engen Freund oder einem Psychologen, der mit deinem Sohn oder deiner Tochter darüber redet. Allein wird es dein Kind nicht bewältigen können.
Was müssen Väter tun?
Was für die Muttis gilt, gilt selbstverständlich auch für die Vatis: Es nützt dem Sprössling nichts, die Mutter schlecht zu reden. Das gefährdet nur die ohnehin fragile Bindung.
Wenn du Vater bist, zeige dich der Mutter entgegenkommend, um weiterhin den Kontakt zu deinem Nachwuchs pflegen zu können. Und halte dich verantwortungsvoll an die vereinbarten Regeln. Manchmal neigen Väter nach einer Trennung dazu sich zurückzuziehen, weil plötzlich andere Interessen in den Vordergrund rücken. Aber Kinder lösen sich nicht mit Ende einer Beziehung in Luft auf. Deren Herzen schlagen weiter und sehnen sich nach Zuneigung – ja, auch von dir!
Hilf deinem Kind, die Umstände zu verstehen, aber wohlgemerkt, ohne dabei jemanden abzuwerten. Schenke ihm aber auch Gehör, wenn es über seine Gefühle spricht und gehe darauf ein. Nur wenn der Nachwuchs die Trennung verarbeiten kann, wird es seine weitere Entwicklung nicht stören. Und dann genießt die wenige Zeit zusammen und macht etwas Schönes daraus.
Was hilft dem Kind (selbst im Nachhinein)?
Bist du das Kind, das zwischen den Stühlen sitzt, dann such dir unbedingt jemanden (in der Familie oder dem Freundeskreis) mit dem du über deine Gefühle reden kannst! Es ist wichtig, dass du die Situation verarbeitest.
Ich selbst hatte mich leider niemanden anvertrauen können. Mir wurde suggeriert, dass es peinlich wäre, darüber zu sprechen. Also zog ich mich nach innen zurück und litt im Stillen. Das sorgte für noch größere Probleme, anderen zu vertrauen. Noch heute habe ich meine Problemchen damit. Doch ich lerne damit umzugehen.
Nimm die Vergangenheit an, wie sie ist, und beende die Vorwürfe, die du laut oder nur im Innern deinen Eltern entgegenschleuderst. Vielleicht hat dich die Trennung meilenweit zurückgeworfen und du kannst die Strecke nie mehr aufholen, aber deinen Eltern das ewig nachzutragen, bringt dich auch nicht auf Kurs. Suche dir stattdessen einen neuen Pfad, der dir persönlich gehört und den du mit Freude gehst. Aber lass vorher die alte Last zurück. Das geht nur, wenn du deinen Eltern vergeben und die verlorenen Jahre vergessen kannst. Heute beginnt deine Zukunft, für die du lebst! Also lass das Gestern ziehen…
Jetzt kannst du behaupten, du wirst nie eine gute Beziehung führen können, weil Scheidungskinder nun mal gebrandmarkt sind. Das stimmt aber so nicht! Ich habe dadurch viel für meine eigene Beziehung gelernt – und zwar, was ich nicht will. Schon in meiner Kindheit habe ich mir glückliche Ehepaare in meinem Umfeld als Vorbild herausgesucht und analysiert. Und heute genieße ich mit meinem Partner seit knapp neun Jahren genau das, was ich an meinen Eltern vermisst habe: tiefe Zuneigung, gegenseitigen Respekt, lange intensive Gespräche und die Lust an gemeinsam verbrachter Zeit.
Such dir also auf deinem neuen Pfad Vorbilder und klammere dich nicht an den Glaubenssatz, Scheidungskinder brächten keine dauerhaften, glücklichen Beziehungen zustande.
Zur Not geht’s auch ohne Vater
Zusammenfassend können wir sagen, dass Eltern eine hohe Verantwortung gegenüber ihren Schützlingen tragen, wenn es darum geht, die negativen Folgen so gering wie möglich zu halten:
- Wichtig ist, dem Kind die Möglichkeit zu geben, über seine Gefühle zu sprechen und diese schwierige Situation zu verarbeiten.
- Mütter sollten den Vätern das Umgangsrecht gewähren, vorausgesetzt es lagen keine Gewalt oder andere traumatische Begebenheiten vor.
- Väter müssen den Kontakt zum Nachwuchs pflegen und sich unbedingt an Absprachen halten, um Frustrationen zu vermeiden.
- Auf keinen Fall darf ein Elternteil das Kind gegen den anderen aufhetzen oder vor ihm schlechtreden.
Da es keine leicht zu bewältigende Situation ist, gebe ich dir noch einen Link für einen Kurs, der getrenntlebenden Eltern Hilfe bietet: https://www.kinder-im-blick.de/
Während sich Erwachsene meist mit irgendjemanden austauschen können, bleibt die Last oftmals unbemerkt am Nachwuchs hängen. Der trägt das bis ins Erwachsenenalter unverarbeitet mit sich herum und gerät leicht aus der Bahn. Fassen wir auch hier nochmal zusammen, was du tun kannst, wenn du als Tochter oder Sohn unter der Vaterentbehrung bis heute leidest:
- Sprich unbedingt mit jemanden darüber! Wenn dir das schwerfällt, kannst du es dir auch erstmal von der Seele schreiben und dann mit jemanden darüber reden.
- Vergib deinen Eltern, falls sie dich mit der Situation allein gelassen haben. Vermutlich wussten sie es zu dem Zeitpunkt nicht besser. Das ist keine Entschuldigung, aber die Vergebung hilft dir selbst am meisten.
- Vergiss die Vergangenheit und schau nach vorne, denn heute beginnt deine Zukunft.
- Suche dir vorbildhafte Beziehungen und finde heraus, wie sie es schaffen glücklich zu sein. Dann nimm dir ein Beispiel daran. Immerhin hast du bereits bei deinen Eltern gesehen, was du für deine Beziehung nicht willst.
Du wirst deinen Weg gehen, auch ohne Vater!
In den Kommentaren kannst du gerne deine eigenen Erfahrungen zu dem Thema teilen. Wie sieht oder sah die Situation bei dir aus? Und wie gehst du (heute) damit um? Vielleicht hilfst du damit auch anderen, die sich in ähnlichen Umständen befinden.
Und wie sieht dein Verhältnis zur Mutter aus? In vielen Fällen ist die Beziehung zwischen Mutter und Tochter nicht ganz einfach. Erfahre hier, wie Mütter und Töchter die Nähe und Abgrenzung meistern.
* GEOkompakt NR. 61: Die Kraft der Familie. Gruner + Jahr GmbH. Hamburg 2019. (S. 78)
** GEOkompakt NR. 61: Die Kraft der Familie. Gruner + Jahr GmbH. Hamburg 2019. (S. 113)
Sehr gut geschrieben, vielen Dank!
Ich bin auch ohne Vater aufgewachsen. Heute habe ich sporadisch Kontakt zu ihm und zu meiner Mutter nicht mehr. In meiner Situation war es aber so, dass meine Mutter unabgesprochen schwanger wurde, mir hat sie natürlich immer erzählt, dass ich der beste Unfall ihres Lebens war. Aber als ich etwa 16 war, habe ich durch ihre Freunde und meine Oma mitbekommen, dass sie einen starken Kinderwunsch hatte und ich von ihrer Seite aus kein Unfall war. Das und die Tatsache, dass sie immer schlecht über meinen Vater gesprochen hat, hat mein Vertrauen zu ihr komplett zerstört.
Wie kann man seinem eigenen Kind nur soetwas antun?
Mein Vater hatte immer für mich bezahlt, gesehen hat er mich nie. Erst jetzt, wo ich Kontakt zu ihm habe, weiß ich, warum das so ist: Er hat alte Briefe und SMS aufgehoben, in denen er von meiner Mutter abwechselnd beleidigt und dann wieder angefleht wurde, ihr zu verzeihen und zu ihr zurück zu kommen. Sie hat ihn angezeigt, weil er sich nicht kümmern wollte, zur Verhandlung kam es aber nicht. Mein Vater hatte mir einen Brief hinterlassen, in dem er mir alles erklärt hat, den ich nie zu Gesicht bekommen habe.
Es ist so schlimm, wenn man weiß, dass man von der Mutter als Druckmittel, für den Vater völlig unerwünscht auf die Welt gekommen ist.
Deine Worte helfen mir sehr, mich jetzt auf meinen Weg zu konzentrieren. Ich kann tatsächlich aus meiner Geschichte etwas mitnehmen für mein eigenes Leben. Sollte ich jemals Kinder haben, dann nur mit einem Mann, der mit mir Kinder will. So unromantisch das klingen mag, ich würde mit jedem potentiellen Vater meines Kindes absprechen, dass wir auch im Falle einer Trennung immer gemeinsam Eltern bleiben werden. Voreilig werde ich sicherlich kein Kind bekommen. Und bei der Verhütung bin ich ein Luchs 😀 !
Danke nochmals für deinen mutmachenden Beitrag !!!
Hallo Louisa,
danke für das Kompliment und dass du deine Erfahrungen mit uns teilst!
Der Gedanke, man sei aus einem anderen Grund als der Liebe wegen auf der Welt, kann sich wirklich seltsam anfühlen. Auch ich war definitiv nur einseitig gewollt. Und von dieser Seite her wahrscheinlich nur aus gesellschaftlicher Konformität. So jedenfalls wurde es mir gelegentlich vermittelt.
Die Vorstellung, als Mittel zum Zweck „missbraucht“ worden zu sein, kann einen viele Jahre lang beschäftigen und sehr unglücklich machen. Aber letztendlich spielt es für unsere eigene Existenz keine Rolle, aus welchem Grund wir auf die Welt kamen. Wenn wir nun einmal da sind, können wir dieses Leben auch zu einer ganz wunderbaren Erfahrung werden lassen. Dafür brauchen wir nur nach vorne zu schauen.
Das, was vor unserer Zeit geschah, muss uns nicht weiter interessieren. Das müssen unsere Eltern oder Erzeuger mit sich ausmachen. Wir können nur aus der Vergangenheit lernen und es für unser Verständnis besser machen. Ich lese heraus, dass du das bereits für dich umsetzt. Was mich sehr freut.
Noch mal herzlichen Dank, dass du dich hier zu Wort gemeldet hast!
Alles Liebe für dich,
Annabel
Guten Tag,
ich finde es immer wieder schlimm, dass an jeder Ecke im Netz zu lesen ist wie furchtbar es ist wenn Kinder ohne VATER aufwachsen.
Ihr Vater hat sie/uns verlassen weil es ihm zu stressig wurde.
Als sie 7 Monate alt war fuhr er kurzerhand für 2 Wochen alleine nach Thailand, meldete sich hinterher an div. Vereinen an und verwirklichte sich selber wohl um sich von seinen Pflichten abzulenken.
Er besucht seine Tochter mal alle 3 Wochen stundenweise dann hat er wieder genug.
An ihrem Leben nimmt er ansonsten nicht teil, kaum Interesse.
Wenn man dann überall liest wie wichtig doch ein Vater ist, dann muss man doch verzweifeln als Mutter, dass man dem
Kind keine vollwertige Familie bieten kann.
Das ist purer Stress für Mutter und Kind.
Ich könnte heulen weil ich meinem Kind keinen guten Vater bieten kann. In unserer Beziehung war alle prima bis unser, auch sein Wunschkind, kam.
Bei der Trennung war unser Kind 1 Jahr alt, 2 Jahre später hat er mit seiner Neuen noch ein Kind gezeugt jetzt 3 Monate alt, das Spiel scheint sich zu wiederholen. Es zeichnet sich jetzt schon ab. Der Vater ist Ingenieur also keiner der unteren Klasse wohlgemerkt.
Liebe Uta,
danke für deinen ausführlichen Kommentar aus der Perspektive einer Mutter. Es tut mir so leid, dass dich Beiträge wie diese verletzen oder aufwühlen. Das ist, was mich betrifft, auf keinen Fall meine Absicht. Im Gegenteil, ich wollte mit dem Beitrag Mütter und Kinder in dieser Situation stärken und die Väter zu mehr Verantwortung aufrufen. Weil ich mit Blick auf meine Mutter und mich selbst erfahren habe, wie allein man sich damit fühlen kann.
Bitte mach dir keine Vorwürfe, weil deine Tochter keinen Vater hat. Es ist nicht deine Schuld! Manchmal ist ein Kind ohne Vater besser dran, als wenn da einer ist, der sich desinteressiert, verantwortungslos und egoistisch verhält.
Du trägst nicht die Verantwortung über sein Verhalten. Was deine Tochter spürt, ist die Liebe und Aufmerksamkeit, die du ihr als Mutter entgegenbringst. Du bist für sie da. Darauf kommt es an.
Ich wünsche dir und deiner Tochter von Herzen alles Glück dieser Welt
Annabel
„Zur Not geht’s auch ohne Vater“, das ist vielleicht m.E. Wahr für Mädchen, aber als Junge geht es nicht ohne Vater, bzw. ohne männliche Bezugsperson, spätestens in der Pubertät wird das zu einem Problem, denn eine männliche Bezugsperson ist für den jungen absolut notwendig um seinen Charakter zu formen. Wenn das fehlt, kann man das nie mehr nachholen, da sind sich die Psychologen relativ einig und leider ist es auch meine persönliche Erfahrung.
Hallo DerLöwe,
es tut mir leid, dass du diese Erfahrung gemacht hast. Dennoch finde ich es schwierig, diese Erfahrung zu pauschalisieren. Gerade wenn man durch Psychologen bestätigt wird, verfestigt sich das zu einer starken Überzeugung, die das restliche Leben überschatten kann.
Klar, nachholen kann man nichts. Der Vater war nicht da, das schmerzt und hat womöglich deine Entwicklung gestört (wie bei mir eben auch). Aber das heißt nicht, dass solche Erfahrungen unser restliches Leben ruinieren müssen.
Schau, was du von da, wo du jetzt stehst, tun kannst, damit es dir besser geht. Das ist insofern wichtig, um dich von dem Vergangenen zu distanzieren. Denn wenn man sich in einer schlechten Stimmung befindet, neigt man eher dazu, in der Vergangenheit einen Schuldigen zu suchen.
Erinnere dich aber mal an die glücklichen Tage deines Lebens (z. B. in einer Verliebtheitsphase). Interessiert dich die Vergangenheit in solch schönen Momenten?
Ich wünsche dir alles Gute!
Annabel
Hallo und guten Abend,
verrückt vielleicht aber ich bin nun 54 Jahre und eine recht gut geratene Frau geworden.. auch ohne Vater.
Wenn da nicht dieses Defizit wäre. Ja ich habe es all die Jahre nicht bemerkt. Bin stark und erfolgreich, hatte Beziehungen die aber irgendwie nicht über ein paar Jahre hinaus gingen. Man sagt ich bin charismatisch und ich wäre absolut top wie ich bin. Tja… bis auf den Umstand, dass ich nie gelernt habe wie man eigentlich ist, wenn man weiblich ist?!
Ich wirke wohl eher sachlich.. und so langsam will ich das nicht mehr.
Was man bei all dem nicht vergessen sollte. Ein Mädchen lernt bei ihrem Vater wie man mit dem anderen Geschlecht umgeht. Ich sehe Mädchen mit ihren Kulleraugen ihre Väter um den Finger wickeln. Nicht, dass man das in der heutigen Zeit noch will. !? Und ja und doch.. ich finde es wichtig sich nicht nur auf seine Qualitäten zurückzuziehen, sondern auch flirten zu können.
Viele Missverständnisse entstehen einfach durch dieses Defizit.
Puh .. ich bin über den Beitrag gestolpert als ich das Netz nach Beiträgen durchsucht habe die mir helfen das zu ändern. Eine Therapie finde ich doch zu krass. Falls jemand einen Tipp hat.. eine Buchempfehlung oder ähnliches würde ich mich freuen.
❤️liche Grüße
Nicole
Liebe Nicole,
danke für die Offenheit bezüglich deiner Erfahrungen zu dem Thema.
Also du beschreibst dich als stark, erfolgreich und charismatisch. Das sind doch super Eigenschaften, mit denen du sehr zufrieden sein kannst. Leider beginnt unsere Unzufriedenheit häufig damit, dass wir anders sein wollen. Sei es, weil wir uns mit anderen vergleichen oder weil uns von außen eingeredet wird, wir müssten anders sein.
Was aber, wenn dich genau diese Sachlichkeit ausmacht und es die Männer sind, die mit deiner Stärke nicht klarkommen?
Leidest du allerdings darunter und möchtest deshalb dieses „Defizit“, wie du es nennst, ausgleichen, dann wären sicherlich Bücher zu Themen wie „Weiblichkeit leben“ oder „Flirten für Frauen“ hilfreich für dich. Leider habe ich da keinen konkreten Buchtipp 🙈
Falls Yoga für dich interessant sein könnte, lege ich dir Yin-Yoga ans Herz. Dieser ruhige Yoga-Stil steht dafür, die Weiblichkeit zu stärken.
Und was die Länge deiner Beziehungen betrifft, möchte ich dir einen Beitrag von mir empfehlen: https://cheerupyourlife.de/liebe/beziehungsunfaehig-boeser-blick/ … Denn manchmal achten wir nach einer Weile mehr auf die negativen Seiten des Partners und nehmen die guten kaum noch wahr. Das wirkt sich natürlich auch negativ auf die Dauer einer Beziehung aus.
Ich hoffe, dass dir das schon ein bisschen weiterhilft.
Alles Liebe für dich!
Annabel
Und wer noch ein paar Tipps für Nicole hat, kann gerne unter ihrem Kommentar antworten. ☺
Hallo, mein Vater starb an Leukämie als ich 5 Jahre alt war. Damals habe ich sehr schnell eine große Selbstständigkeit entwickelt. Meine Ehe und meine letzte Beziehung scheiterten daran, dass ich immer wieder das Gefühl hatte zuwenig Respekt, Aufmerksamkeit oder Zuwendung zu bekommen. Ich fühlte mich nicht ernstgnommen und reagierte dann irgendwann mit, ich nen es mal „Flucht“. Man kennt mich als selbstbewusste, starke aber auch emotionale Frau. Ich selbst bemerke jedoch ein ständig sich wiederholendes Muster in meinen Beziehungen, welches ich endlich durchbrechen möchte. Aber wie ich das schaffen kann, habe ich bis heute nicht herausgefunden. Hab ich vll. immer den falschen Partner? Ich wünsche mir sehr, irgendwann eine funktionierende und glückliche Beziehung zu führen..
Hallo Christina,
es ist traurig, dass du deinen Vater so früh an dieser Krankheit verloren hast. Und es ist sehr verständlich, dass du dir eine glückliche Beziehung wünschst. Wer wünscht sich die nicht?
So ein sich wiederholendes Muster in Beziehungen findet meist unbewusst statt, weshalb es nicht ganz einfach ist, herauszufinden, wie es durchbrochen werden kann.
Die Gefühle, die du beschreibst, habe ich selbst ähnlich erlebt. Mir hat es geholfen, mir eine Auszeit von Beziehungen zu nehmen. Dabei habe ich gelernt, die emotionale Unabhängigkeit zu genießen. Wenn es dich interessiert, kannst du meine Erfahrung dazu in diesem Blogartikel lesen.
Ich wünsche dir ganz viel Glück, dass du den für dich richtigen Partner irgenwann findest! 💕
Liebe Grüße
Annabel
Hallo Christina,
ich habe ein großes Bedürfnis Dir zu schreiben, da ich auch meinen Vater im Alter von fünf Jahren durch seinen frühen Tod verloren habe.
Lange war mir nicht bewusst, dass diese mir sehr bekannten Gefühle nach zu wenig Respekt, zu wenig Aufmerksamkeit, zu wenig Zuwendung etwas mit dieser Verlusterfahrung in der frühen Kindheit zutun haben.
Auch kenne ich diese Strategie der „Flucht“ sehr gut. Und ich habe festgestellt, dass die Männer, welche ich bevorzugt habe, immer sehr stark, sehr charismatisch und besonders sein mussten. Irgendwie hatte ich wohl unbewusst das Gefühl, dass durch sie die mir fehlende Sicherheit kompensieren kann.
Gern würde ich mich mit Dir etwas mehr über dieses Thema austauschen und wäre über eine Antwort deinerseits erfreut.
Ich bin 54 jahre alt, auch selbstbewust, stark und emotional. So wie sie eben sind, die vaterlosen Töchter :).
Liebe Grüße von Anna aus Radebeul
Hallo Anna,
das finde ich sehr schön, dass du dich an Christina wendest, da ihr beide dasselbe Schicksal teilt. Ich hoffe, sie liest es.
Wenn ihr beide an einem privaten Austausch interessiert seid, könnte ich euch ja helfen, damit ihr nicht eure Kontaktdaten hier veröffentlichen müsst.
Liebe Grüße
Annabel
Vielen Dank, Anabell, für Dein Angebot.
Ich beschäftige mich schon seit längerem mit dem „Thema“ Vaterverlust und habe für mich im Laufe der Zeit, gute Strategien gefunden, um in meinem jetzigen, erwachsenen Dasein besser damit umgehen zu können. Der Schmerz ist da, dieser ist auch berechtigt, auch sind alle damit verbundenen Auswirkungen für mich absolut nachvollziehbar. Dennoch bin ich gewillt und es gelingt mir auch immer besser, alles in verschiedene zeitliche Ebenen einzuordnen und mich heute nicht mehr vom erlittenen Verlust leiten zu lassen, sondern selbst zu entscheiden, welchen Weg ich gehe.
Wir können unsere Biografie nicht neu schreiben, wir können nur versuchen, diese anzunehmen, als einen Teil von uns zu betrachten und alles dafür tun, in Selbstfürsorge und -liebe diese Wunde zu schließen.
Alle schmerzhaften Gefühle, geprägt durch unsere frühen Erfahrungen haben ihre Berechtigung und dürfen dasein, wir müssen diesen aber nicht bedingungslos folgen, wir können sie hinterfragen im heutigen Kontext. Wir sind der Chef in unseren heutigen erwachsenen Leben.
LG von Anna
Ich merke, du bist sehr reflektiert und hast eine gesunde Einstellung. Und ich finde es super, dass du das mit uns teilst. Es zeigt doch, dass man sich entscheiden kann: Möchte ich mich für das, was war, bedauern oder möchte ich nach vorne schauen und meine Biografie so annehmen, wie sie ist, weil an der Vergangenheit nichts mehr geändert werden kann.
Natürlich ist das nicht so leicht umgesetzt, wie es gesagt ist. Und je nach Stimmungslage kann es mal leichter fallen und mal schwerer. Aber wenn man sich mit seinen leidvollen Gefühlen auseinandersetzt und versteht, dass sie Überbleibsel einer schwierigen Zeit sind, fällt es leichter, sie zu akzeptieren. Dazu gehört, wie du schon sagst, eine gute Selbstfürsorge, sprich ein liebevoller Umgang mit sich selbst. Das scheint dir zu gelingen; behalte dir das unbedingt bei!
Liebe Grüße
Annabel
Danke für diesen Beitrag.
Ich bin selbst ohne Vater aufgewachsen und habe meine Tochter 18 Jahre allein erzogen.
Den Kontakt zu meinem Vater hab ich erst mit 40 bekommen. Als ich ihn zum ersten Mal so richtig erleben konnte ( ich sah ihn mit 18 einmal nur kurz), war mir klar das wir nicht viel Zeit haben werden. Da wir in unterschiedlichen Teilen Deutschlands leben, sahen wir uns insgesamt nur zweimal, hatte auch mit den Reisebeschränkungen in Corona zu tun.
Er ist gestorben vor kurzem.
Insgesamt habe ich ihn 3 mal gesehen in meinem Leben.
Ich muss dazu sagen das ich mit Stiefvater aufgewachsen bin. Ich hab mich mein Leben lang fremd gefühlt, ich wusste schon sehr früh das ich woanders hingehöre, obwohl nie offen gesagt wurde das ich einen anderen Vater habe.
Ich war immer anders und nicht passend im neuen Familienkonstrukt meiner Mutter.
Eigentlich dachte ich nicht das ich Defizite habe nur weil ich ohne Vater aufwuchs. Es ist erst deutlich in der Trennung zum Vater meiner Tochter aufgeploppt. Ich bin gut belesen was Psychoanalytik betrifft, und überall liest man das Geschichte, elterliche Bindungsmuster sich wiederholen. Ich dachte immer das betrifft mich nicht. Aber das Leben lehrte mich es anders. In der Arbeit zu meiner Tochter fand ich es sehr schwierig ihr Mutter und Vater gleichzeitig zu sein. Auch der Verlust ihres Vaters, den sie so sehr brauchte in einigen Situationen, machte mir Gewissenstechnisch sehr zu schaffen. Erst dadurch landete ich wieder bei meiner eigenen Geschichte.
Ich hab therapeutisch daran gearbeitet, u.a.weil die Stiefvater tatsächlich kein guter Vaterersatz waren. Als ich ihn besser kennenlernte war ein Loch gestopft. Eine Art Sehnsucht, die ich in Beziehungen suchte, aber nicht einordnen konnte und auch nicht benennen.
Jetzt, wo er tot ist ( er ist Ende Oktober diesen Jahres gestorben)- ich dachte ich bin geübt ihn nicht an meiner Seite zu haben, aber es ist nicht so.
Es ist ein grosses „Schade“ in mir. Er ist nicht nur als mir unbekannter Vater gestorben, sondern auch als Opa, den meine Tochter nie kennenlernte.
Was die Trauer betrifft- das ist ganz
„interessant“- ich war auf der Beerdigung von ihm und ich war selbst überrascht von meiner Emotionalität vor Familie die ich noch nie gesehen hab in meinem Leben, zumindest nicht bewusst.
Irgendwann war das Thema Traurigkeit auf dem Tisch, beim Beerdigungsessen. Und mir wurde zu verstehen gegeben das ich gar nicht so traurig sein kann, da ich sowieso nicht viel mit ihm zu tun hatte. Mich hat es direkt getroffen, wie ein Messer.
Auch wenn ich ihn nicht hatte als Vater, mir andere als Väter vorgesetzt wurden- man fragt sich ein Leben lang wer man ist! Wer der andere Teil ist, welche Charakterzüge man hat, welche äußerlichen Merkmale. Man fragt sich wie der andere tickt, ob er einen vergessen hat, wie oft der andere an einen denkt.
Mein Vater war immer präsent bei mir, vorallem auch in der Partnerwahl hab ich ihn mir oft gewünscht, wie oft hätte ich ihm gern einen Mann vorgestellt um seinen Rat einzuholen.
Er hat einfach gefehlt, an allen vorstellbaren Ecken.
Mir das einzugestehen kostet mich Tränen, denn eigentlich rede ich über sowas nicht. Hier schrieb jmd das sie eher der sachliche Typ ist, das kann ich voll bestätigen, das bin ich auch.
Ich bin eine starke Frau, die vieles, eigtl alles, allein wuppt, erfolgreich im Beruf steht,finanziell unabhängig ist und auch in einer Partnerschaft darauf Wert legt. Ich war noch nie verheiratet.
Meine Schwester dagegen, ein Jahr nur älter als ich, beim Vater aufgewachsen, ist direkt das Gegenteil.
Danke für den Beitrag, er bestätigt viele Ebenen.
Liebe Solveig,
es tut mir sehr leid zu lesen, dass du nicht mehr Zeit mit deinem Vater hattest. Sich die Gedanken von der Seele zu schreiben, kann erleichternd sein. Danke, dass du diese persönlichen Einblicke mit uns teilst. Vielleicht finden sich auch andere Leserinnen und Leser in ähnlichen Situationen in deinen Worten wieder. Das kann trösten, weil man sich weniger allein damit fühlt.
Ich wünsche dir viel Kraft, um über die Trauer hinwegzukommen. Außerdem wünsche ich dir, dass du dir die drei Male, die ihr euch gesehen hattet, im Herzen aufbewahrst und dich irgendwann an ihnen erfreuen kannst, weil sie noch unendlich viel mehr sind als keinen einzigen Moment mit ihm gehabt zu haben.
Alles, alles Liebe
Annabel