Das Dilemma eines introvertierten Scanners

Das Dilemma eines introvertierten Scanners

Die Welt sucht extravertierte Spezialisten. Doch was, wenn ich keiner bin? Was, wenn ich mich nicht mit voller Leidenschaft in einen einzigen Beruf stürzen kann? Was, wenn mich an tausend verschiedenen Berufen nur bestimmte Aspekte interessieren? Und was, wenn ich nicht tausend Mal den Beruf wechseln will, weil mir ein vertrautes Umfeld wichtig ist? Willkommen im Dilemma eines introvertierten Scanners!

Als Scanner-Persönlichkeit hat man es nicht leicht.

Uns interessiert vieles und doch nichts genug. Für uns ist die Welt ein großer bunter Süßigkeitenladen, in dem wir möglichst viele verschiedene Dinge probieren (aber nicht aufessen!) wollen. Sich für nur eine Sache zu entscheiden, scheint uns eine Verschwendung zu sein. Werden wir im Job auf ein Thema festgenagelt, gehen wir vor Langeweile ein wie eine Blume ohne Wasser. Sobald wir die Abläufe verstanden haben, fühlt es sich an, als ob die Arbeitsroutine einen Käfig um uns errichtet.

Und das Schlimmste: Die Zeit scheint stets gegen uns zu sein. Denn unsere immer wieder neuen Einfälle brauchen unsere volle Aufmerksamkeit, sonst erleben wir unser Dasein als wertlos. Wir könnten glatt durchdrehen, wenn sich eine Ideenlawine anbahnt, wir aber keinen Raum finden, um uns jeder einzelnen Idee in Ruhe zu widmen. Dann fühlen wir uns unter all den Träumen, die in uns nach Verwirklichung schreien, wie lebendig begraben.

Das ist extrem kräftezehrend!

Was? Introvertiert bist du auch noch?! Herrje!!!

Bist du dazu noch introvertiert, wird die Sache noch komplizierter. Denn als introvertierter Mensch suchst du nach Beständigkeit in deinem Umfeld. Wechselnde Interessen sind super, aber ständig andere Leute kennenlernen, das geht gar nicht! Zu viele neue Bekanntschaften stressen dich nämlich dermaßen, dass du am liebsten dahin abtauchen möchtest, wo dich niemand mehr findet.

Es kostet enorm viel Energie, sich auf neue Situationen einzustellen. Dabei hast du als Introvertierter von Natur aus kein sehr hohes Energielevel. Da musst du sparsam haushalten. Ständig von einem Job zum nächsten zu flattern, wie es für einen Scanner natürlich wäre, würde dir wahnsinnig viel Kraft rauben. Und dann weißt du genau, dass du nach kurzer Zeit sowieso wieder gelangweilt wärst.

Was wäre die Lösung für das Dilemma?

Natürlich gibt es nicht die eine Lösung.

Jeder introvertierte Scanner hat unterschiedliche Ausgangssituationen. Analysiere deine und finde heraus, welcher der folgenden fünf möglichen Wege sich für dich am besten eignet. Es gibt kein besser oder schlechter. Alle Wege sind gleichermaßen in Ordnung. Die Frage ist lediglich, welcher sich für dich am stimmigsten anfühlt.

Selbst wenn du eine extravertierte Scanner-Persönlichkeit bist, könnte unter den folgenden fünf Möglichkeiten eine für dich passende dabei sein.

Lass dich einfach inspirieren. Vielleicht kommt dir eine ganz andere Idee. In dem Fall, teile sie gerne ganz unten in den Kommentaren mit uns.

5 mögliche Wege aus dem Dilemma

1. Nimm die Vorzüge des „langweiligen“ Brotjobs wahr

Wie schon gesagt: Als introvertierter Scanner langweilst du dich zwar einerseits schnell in deinem Job. Andererseits hast du nicht die Energie, ständig neue Wege einzuschlagen, von denen du fast sicher sein kannst, dass auch sie irgendwann in eine Sackgasse der Langeweile führen.

Spare dir die Energie und überlege, welche Aspekte dir an deinem aktuellen Beruf gefallen. Was bewirkst du mit deiner Arbeit?

Die eingesparte Energie kannst du schließlich nutzen, um in deiner Freizeit für Abwechslung zu sorgen. Verfolge dabei deine Interessen und tanke somit wunderbar auf. Auf diese Weise kompensierst du deinen „langweiligen“ Brotjob ganz gut.

2. Reduziere deine Arbeitszeit und widme dich deinen Leidenschaften

Wenn dir deine Freizeit zu kurz vorkommt, als dass du deinen Ausgleich in ihr findest, dann denke darüber nach, ob du deine Arbeitszeit reduzieren könntest. Dafür hilft es, minimalistischer zu denken.

Wenn wir unzufrieden sind, neigen wir dazu, uns mit neuen Dingen belohnen zu wollen. Und ehe wir uns versehen, haben wir uns Konsumkredite aufgehalst, die uns noch unglücklicher machen. Dann fehlt uns das Geld, um uns weiter belohnen zu können und schon beginnt die unglückselige Talfahrt.

Wie wäre die Vorstellung, das Geld zu sparen und dir dafür mehr Freizeit zu ermöglichen? Gerade als vielseitig interessierte Scanner-Persönlichkeit, die sich im Job niemals voll entfalten kann, bietet dir ausreichend freie Zeit die Möglichkeit, dich mit deinen wechselnden Interessen auszutoben. Somit arbeitest du auch wieder besser in deinem Job, auch wenn er deiner Vielseitigkeit nicht das Wasser reichen kann.

3. Übe verschiedene Teilzeitjobs aus

Für mehr Abwechslung in deinem Arbeitsalltag kannst du auch sorgen, wenn du nicht nur einem Job nachgehst, sondern dich zwei verschiedenen Berufsfeldern widmest. Es ist sicherlich schwieriger zu organisieren, aber es kommt dir als introvertierter Scanner zugute. Denn einerseits musst du dich nicht auf eine Branche beschränken und andererseits bewahrst du dir in beiden Jobs ein vertrautes Umfeld. Du springst quasi in deinen Interessen hin und her und bleibst dennoch an Ort und Stelle verwurzelt.

4. Arbeite halb angestellt und halb selbstständig

Besteht die Möglichkeit, dich selbstständig zu machen? Wenn ja, hast du bestimmt eine tolle Idee, die du damit verwirklichen möchtest. Da du aber als Introvertierter die Sicherheit bevorzugst, kannst du die Selbstständigkeit auch nebenberuflich angehen und hauptberuflich angestellt bleiben. Das bringt dir nicht nur die ersehnte Abwechslung, sondern auch mehr Selbstbestimmung in deinen Alltag.

Ist zudem deine Gewissenhaftigkeit gut ausgeprägt, ist das ein Weg, der dich glücklich machen kann. Bist du eher chaotisch veranlagt, müsstest du diese Eigenschaft lernen zu regulieren, wenn du dich in eine Selbstständigkeit wagen möchtest. Sonst könntest du dich leicht verzetteln und überfordern.

5. Kreiere dir deinen maßgeschneiderten Job und mache dich selbstständig

Manchen Menschen gelingt es, sich einen eigenen Job maßzuschneidern. Sie tun, was sie lieben und entwickeln daraus eine lohnende Selbstständigkeit. Wenn du die Gabe hast, deine Fähigkeiten so einzusetzen, dass du damit einen Job kreierst, den es womöglich so noch gar nicht gibt, dann kann ich dir nur gratulieren. Mach was draus!

Vielleicht würfelst du dabei mehrere Interessen zusammen. Oder du baust dir verschiedene Standbeine auf, sodass du nicht ins Straucheln gerätst, wenn eines mal wegknickt. Als Scanner dürftest du jedenfalls genug Fantasie und immer wieder neue Ideen haben, um dazu in der Lage zu sein.

Der Rest ist Organisation, unternehmerisches Denkvermögen und viel Disziplin. Wenn du über all das verfügst, wirst du einen erfolgreichen Weg beschreiten können.

***

Wenn du deine Eigenheiten akzeptierst und annimmst, wirst du den richtigen Weg für dich aus dem Dilemma finden. Ärgere dich nicht darüber, dass du nicht so funktionierst wie beispielsweise ein extravertierter Experte, der superleicht neue Kontakte knüpft und über ein tiefes Wissen auf seinem Spezialgebiet verfügt. Auch diese Menschen haben ihre eigenen Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen haben.

📌 Für niemanden läuft alles wie geschmiert, auch wenn es nach außen manchmal so erscheint. Indem wir unsere Schwächen annehmen und unsere Stärken ausleben, können wir jedoch ganz gut damit leben.

Bist du ein introvertierter Scanner? Wenn ja, was tust du gegen die Langeweile im Job? Wie schaffst du dir eine Balance zwischen dem Wunsch nach Vertrautheit und dem Drang, ständig Neues auszuprobieren? Und haben dich die genannten fünf Wege vielleicht sogar auf neue Ideen gebracht? Ich freue mich auf einen Kommentar von dir!

Wenn du mehr über die Eigenheiten von Scanner-Persönlichkeiten erfahren möchtest, empfehle ich dir meinen Beitrag: Wie zu viele Interessen beinahe mein Leben versaut haben.

Möchtest du herausfinden, ob du eher introvertiert, extrovertiert oder ambivertiert bist, dann lies: Wie extrovertiert gehst du auf deine Mitmenschen zu? Dort erfährst du außerdem, wie du mit der jeweiligen Ausprägung umgehst.


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4 thoughts on “Das Dilemma eines introvertierten Scanners

  1. Mandy says:

    Awww, ich finde mich komplett wieder in diesem Artikel und bin etwas erleichtert.
    Mit 19 Jahren fing das bei der Berufswahl an, mit etlichen Tests. Mit interessiert einfach alles bis heute. Von Kunst, Kultur über Sport, Medizin. Hab eine Ausbildung gemacht, im Ausland gearbeitet, dann Studium mit vielen unterschiedlichen Nebenjobs.
    Und kein Ankommen in Sicht. Oft tritt schnell Langeweile ein im Beruf/Hobby.

    Und ich lese 4-5 Bücher gleichzeitig.🙈
    Es ist zum Verrücktwerden. Ich hab jetzt schon ein Leben für mehrere Personen gelebt.

    Jetzt wieder joblos und kein Plan. Vielleicht bestelle ich mir das Buch, was du empfiehlst. Hab aber auch schon viele im Regal… oh je.

    • Annabel says:

      Liebe Mandy,

      herzlichen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich immer, wenn sich jemand in meinen Texten wiedererkennt.

      Oh ja, die Test zur Berufswahl … die waren mir meist keine Hilfe. Da stand im Ergebnis entweder absurderweise ein Beruf, der mich ausnahmsweise gar nicht interessiert hätte oder etwas wie „keinen passenden Beruf gefunden“.

      Eigentlich ist es doch schön, wenn man sich immer wieder für neues Wissen begeistern kann. (Und ja, ich lese auch mehrere Bücher parallel ;-)) Es wird nur für uns zu einem Problem, weil dieses Sprunghafte in der Gesellschaft nicht sehr anerkannt ist. Deshalb fällt es uns oft schwer, diese vielen wechselnden Interessen ohne schlechtes Gewissen zu genießen.

      Ich für mich habe jedenfalls aufgehört, zu viel Bedeutung in meinen Job zu legen. Er sichert mein Überleben. Das reicht mir. Der Rest spielt sich im Genießen meiner Freizeit ab. Da kann ich mich in meinen Interessen austoben.

      Viele Grüße von Scanner zu Scanner

  2. Simon Fritz says:

    Hi Scanner, 😄
    ich finde mich im oben beschriebenen Text absolut wieder. In meiner Schulzeit war ich relativ ausgeglichen. Als ich nach meiner Schulzeit eine Ausbildung machte fing ich an zu erkennen, dass ich extrem viele Interessen habe. Ich schloss meine Ausbildung als Steuerfachangestellter ab und nur wenig später studierte ich Modedesign. So viele Fachbereiche begeisterten mich also ergänzte ich Kostümgeschichte und nach meinem Studium sprang ich von Job zu Job bis ich dann Psychologie studieren anfing. Weitere Studiengänge interessieren mich brennend… das ist mein „Problem“ ob ich ein Scanner bin weiß ich nicht, vermutlich aber schon… mittlerweile studiere ich Psychologie, habe ein Atelier, unterrichte und hab einen Hauptberuf der mich aber vor langeweile nahe zu einschlafen lässt. In der Psychologie und der Gesellschaft könnte man dieses Muster beinahe in eine manische Episode einteilen… aber eigentlich ist es meine Natur. Ich bin mittlerweile 26, fast 27 und beruflich unentschlossen. Die Gesellschaft und mein schlechtes Gewissen setzen mich da sehr unter Druck. Aber dieser Beitrag hat mich wissen lassen, dass ich nicht allein bin.

    • Annabel says:

      Hi Simon Fritz,

      freut mich, dass du deine Gedanken und Erfahrungen mit uns teilst. Es ist schön zu wissen, wenn sich jemand in dem Text wiedererkennt. Das zeigt mir ebenfalls: Ich bin nicht allein damit. 😊

      Wäre ich meinen Impulsen allen gefolgt, würde ich jetzt auch mit vielen verschiedenen Berufen jonglieren. Aber ich bin bei einer Sache geblieben 🥱 und lebe alle anderen Interessen dann in der Freizeit aus. Deshalb habe ich in der Freizeit schnell das Gefühl, mich zerteilen zu müssen, während ich mich auf Arbeit eher langweile (obwohl ich meinen Beruf im Großen und Ganzen gerne mache). Für Scanner wird leider ziemlich jeder Job auf Dauer langweilig und somit zur Qual. Ich verstehe dich da vollkommen.

      Vielleicht findest auch du für dich einen gesunden Mittelweg, um dich in der Gesellschaft wohlzufühlen und dir trotzdem ohne schlechtes Gewissen treu zu bleiben. Ich wünsche es dir ganz sehr!

      Herzliche Grüße

      Annabel

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